Strukturen Süd: Venhof - Herkenbosch / Meinweg - Rosenthal
Allgemeine Übersicht:
Das
Gebiet südlich des Elmpter Waldes ist durch den vorspringen
Meinweg-Zipfel der
Niederlande geprägt und war zwischen Herkenbosch und
Rosenthal besonders
stark befestigt. Bisher war man der Ansicht, dass die dort heute noch
auffindbaren Stellungsreste insgesamt der Maas-Rur-Stellung zuzuordnen
sind.
Durch erhaltene Unterlagen zum Ausbau dieser Stellungen kann aber
belegt
werden, dass in diesem Bereich mehrere sich teilweise kreuzende
feldmäßige Linien mit unterschiedlichen Bezeichnungen und Prioritäten
angelegt wurden.1 Bisher
können folgende Stellungen in diesem Bereich unterschieden
werden (Karte 4):
A: Maas-Rur-Stellung (Ausbau ab
Oktober 1944)
B. Rur-Stellung
(Ausbau ab September 1944)
C: Artillerie-Schutz-Stellung
(Ausbau ab Oktober 1944)
D: Westwall-Stellung (Verlängerung bis Effeld; Ausbau ab September 1944)
Karte
4:
Detailkarte des
südlichen Stellungsteiles mit dem Anschluss der
Maas-Rur-Stellung (A)
an die
Rur-Stellung (B)
bei Herkenbosch, der verlängerten Westwall-Stellung von
Rosenthal nach Effeld (D) und dem Beginn der Artillerie-Schutzstellung
(C) im
Meinweg- und Effelder Wald. (Geobasisdaten © Land NRW, Bonn www.geobasis.nrw.de, Rekonstruktion nicht erhaltener Panzergrabenabschnitte nach alliierten Luftbildern bzw. Stellungskarten)
Maas-Rur-Stellung
(A)
Nach
dem Übergang vom Elmpter Wald über den Grenzbach auf
das Gebiet der
Niederlande, verlief die Maas-Rur-Stellung durch ein heute
Heide-artiges Gelände
nordöstlich des Venhofs. Beim Venhof zweigte die
Stellung Richtung
Südosten ab, führte einige hundert Meter
parallel zur Bahnlinie
Roermond- Dalheim- Mönchengladbach und verlief dann weiter
südlich durch das
heutige Feriengebiet am Elfenmeer Richtung Rur. Nach dem
Übergang über die
Landstraße Richtung Roermond (heute N570, siehe Luftbild),
mündete die Stellung
schließlich östlich Herkenbosch in die Rur-Stellung.
Die Stellung bestand in
diesem kurzen Abschnitt aus dem Panzergraben mit einem jeweils westlich
bzw.
östlich dieses Hindernisses parallel verlaufenden
Schützengraben.
Am östlich gelegenen (feindabgewandten) Laufgraben wurden
Erdbunker sowie in
unregelmäßigen Abständen
MG-Ringstände eingebaut (siehe Karte 4 und 4a).
Luftbild
vom 08. Februar 1945: Die Rur mit Blickrichtung nordost in Richtung
Venhof (Hintergrund). In der linken Bildhälfte Kasteel
Daelenbroek,
dahinter von rechts nach links vor dem Waldrand die
Landstraße Roermond-Wassenberg
(heute N570). In der rechten Bildhälfte der Panzergraben
(teilweise mit Wasser gefüllt) der Maas-Rur-Stellung, der in
den
Graben der Rur-Stellung mündet. Im Vordergrund sind auf dem
jenseitigen Ufer die
Laufgräben der Rur-Stellung zu erkennen.
Heutiger Erhaltungszustand:
Heute
sind nur noch wenige der einstigen Feldstellungen aus diesem Abschnitt
erhalten
geblieben. Der Panzergraben sowie die Laufgräben, die sich in
den freien
Feldern befanden, wurden nach dem Krieg eingeebnet. Vom Panzergraben
sind heute
noch Reste in der Heide und im Wald nordöstlich des Venhofes
beiderseits der
Bahntrasse erhalten. In diesem Bereich finden sich
auch östlich dieses
Grabens auf den Höhen noch eine Vielzahl der
rückwärtigen Laufgräben und
Erdbunker.
Vom vordersten Laufgraben, der vom Elmpter Wald kommend über
die offenen Felder
nördlich des Venhofes verlief, hat sich nur ein kleiner
Abschnitt im Wald
direkt westlich am Venhof erhalten.
Im Gegensatz zu den Erdstellungen, sind wohl in diesem Abschnitt die
meisten
Beton-Ringstände erhalten geblieben. So befinden sich im
Bereich der Bahntrasse
mindestens drei Ringstände oberhalb des ehem. Panzergrabens
(Nr. 240, 242,
245).
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Heidelandschaft
nordwestlich
des Venhofs. Im Hintergrund der Melickervenn. Über diese
Hügel verlief einst die vorderste Grabenlinie zwischen Elmpter
Wald
und der Bahnlinie beim Venhof.
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Direkt
östlich von Herkenbosch wurden an der Mündung der
Maas-Rur-Stellung mindestens
sieben weitere Ringstände eingebaut. Durch die Anlage Nr. 250
konnte die Strasse
Roermond- Wassenberg (heute N570) beobachtet und abgesichert werden.
Die Bunker
Nr. 255- 300 befinden sich auf einer erhöhten
Geländestufe, die das Rurtal
ausbildet. Zwei der Ringstände wurden dabei in den letzten Jahren
durch
landwirtschaftliche Aktivitäten verschüttet.
Ursprünglich waren diese
Ringstände durch einen Laufgraben miteinander verbunden. Reste
dieser Gräben
finden sich noch in den umliegenden Waldstücken. Eine weitere
Anlage (Nr. 305) befand
sich bis in die 1980er Jahre in Etsberg südlich an der Strasse nach
Vlodrop. Beim Neubau eines Hauses wurde die Anlage ausgegraben und beseitigt.
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Ringstand Nr. 250 an den
Turfkoelen bei Herkenbosch. Dieser befindet sich östlich des
ehem. Panzergrabens an der
heutigen N570. Heute ist die Anlage als Fledermausquartier ausgebaut.
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Rur-Stellung
(B)
Die
Rur-Stellung stellte das Rückgrat des
feldmäßigen Ausbaues in diesem Abschnitt
dar, da die Rur als natürliches, halbwegs panzersicheres
Hindernis galt.
Bereits im September 1944 wurden die ersten Arbeiten an dieser Stellung
begonnen. Im Wesentlichen verlief die Stellung entlang des gesamten
Rurufers
zwischen Roermond und den Talsperren in der Eifel.2 Die Stellung
bestand aus einem zusätzlichen Panzergraben, einem vor- bzw.
rückgelagerten
Laufgrabensystem mit mehreren hundert Metern Tiefe, Geschütz-,
Mörser- und
MG-Stellungen, einem Drahthindernis im Uferbereich
sowie zahlreichen
Minenfeldern. Zudem sollten in dieser Stellung im Rahmen des
„ständigen
Ausbaues“ zwischen Roermond und Wassenberg zahlreiche neue
Pak
(Panzerabwehrkanonen)-Bunker entstehen.3
Heutiger
Erhaltungszustand:
Obwohl
diese Stellung relativ aufwändig ausgebaut wurde, sind im
Bereich Herkenbosch-
Effeld heute keine nennenswerten Reste erhalten. Bei Effeld wurden die
letzten
Panzergräben bereits 1947 eingeebnet.4
Artillerie-Schutzstellung
(C)
Der Ausbau
dieser Stellung als zweite Linie hinter der Rur-Stellung scheint wohl
nur mit
verminderter Dringlichkeit erfolgt zu sein. Zunächst war wohl
ein Panzergraben
südlich Wildenrath, südlich Gerderath angelegt
worden. Erst als die Rur- und
die Westwall-Stellung einen gewissen Ausbaustand erreicht hatten,
entschloss
man sich zum Ausbau dieser Linie fortgesetzt über
Rosenthal durch den
Effelder Wald, den Meinweg Wald bis zur Maas-Rur-Stellung beim heutigen
Elfenmeer.5
Offenbar sollte der vorhandene Panzergraben mit den üblichen
beiden parallel
verlaufenden Schützengräben ausgebaut werden. Die
Stellung verlief also schließlich vom
Meinweg Wald über Rosenthal (die dort vorhandene Stellung
kreuzend) südlich
Wildenrath, Gerderath bis mindestens Doveren.6
Heutiger
Erhaltungszustand:
Im
Abschnitt Wildenrath- Doveren sind dem Verfasser bis heute keine Spuren
dieser
Stellung bekannt. Auch die Ausgestaltung des Ausbaues von Wildenrath
bis
Rosenthal ist bisher noch unklar. Möglicherweise sollte hier
die sumpfige
Niederung des oberen Schaagbaches ein natürliches Hindernis
darstellen.
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Freigelegter
Panzergraben der Artillerie-Schutzstellung im Meinweg-Wald (2006) |
Deutliche
Spuren sind jedoch bis heute nördlich Rosenthal im Effelder-
und Meinweg Wald
erhalten. Hier, an der Nordostecke der Deponie bei Rosenthal, ist heute
noch
die Mündung des Panzergrabens in die verlängerte
Westwall-Stellung zu erkennen.
Im weiteren Verlauf ist das ehem. Panzerhindernis in weiten
Teilen noch
erhalten. Anhand der noch vorhandenen Laufgräben im
Meinweg-Wald, kann das
ehemalige Schema dieses Ausbaues heute noch besonders gut nachvollzogen
werden
(siehe Karte 4a). Auch im Effelder Wald können heute noch
entsprechende Reste
aufgefunden werden. Lediglich im Bereich der ehem. Englischen Siedlung
(heute
Golfclub Residenz Rothenbach) entlang der L117 wurden die Feldstellungen beseitigt. Im Verlauf
dieser Stellung sind
bisher keine MG-Ringstände bekannt geworden.
Der Meinweg und Effelder Wald:
Etwas abgesetzt von der Maas-Rur- und der Rur-Stellung wurde eine
weitere Verteidigungslinie in südöstlicher Richtung
durch den
Meinweg-Wald angelegt. Diese wurde vom Elfenmeer Richtung Rothenbach,
dann durch den Effelder Wald bis Rosenthal
ausgebaut.
(Anmerkung: Bei dieser
Verteidingungslinie im Meinweg- und Effelder Wald handelt es
sich um den Beginn einer Linie, die
Rückwärtig
zur Rur-Stellung entlang der Höhenzüge des Rurtals
ausgebaut wurde. Diese wurde auch als Artillerie-Schutzstellung
bezeichnet 7
).
In
dieser Grabenstellung sind Fragmente
des Panzergrabens in einigen Parzellen hervorragend
erhalten geblieben. Es findet sich ein durchgehendes Laufgrabensystem,
das meist parallel zu den vorhandenen Waldwegen angelegt wurde und
so dem
Verlauf des Panzergrabens ca. 100-200 Meter westlich bzw.
östlich
folgt.
Der westliche Schützengraben verläuft
größtenteils
längs des Waldrandes oder des Weges mit etwa 5-10 Metern
Abstand.
Auf der gesamten Länge befinden sich in
regelmäßigen
Abständen von etwa 40-50 Metern kleine Abzweigungen zu
Schützenlöchern Richtung
Westen. Auch können noch einige Erdbunker aufgefunden werden.
Dieses
Grabensystem ist immer wieder durch Querverbindungen mit dem
östlichen Graben jenseits des Panzerhindernisses verbunden.
Dieser
durchlaufende Graben ist im Wesentlichen durch das Vorhandensein von
angeschlossenen Erdbunkern geprägt. Diese etwa 4 mal
4 Meter
großen Gruben, in die später
Holzunterstände eingebaut
werden sollten, wurden in regelmäßigen
Abständen, etwa
ein
Bunker pro Parzelle, angelegt. Im
Bereich des Nationalparks sind diese Stellungen fast
vollständig erhalten.
Am Rothenbach überspringt diese Stellung die Grenze und
verläuft in gleicher Ausbauweise weiter durch den Effelder
Wald. Dort, auf
deutscher Seite, verlief die Stellung parallel zur L117 bis auf die
Höhe der Deponie Rosenthal. Bis zu diesem Punkt findet sich in
etwa
50-100 Metern Abstand östlich des Panzergrabens das
beschriebene
Erdstellungssystem mit durchlaufenden Schützengraben und
Erdbunkern. In einigen Parzellen kann auch westlich des
Panzerhindernisses noch der durchlaufende Schützengraben
nachgewiesen werden. Sowohl am vorderen als auch am hinteren Laufgraben
wurden feindseitig etwa alle 10-20 m kleine Abzweige von 5-10 Metern
länge angelegt, die am Ende mit zwei Schützennischen endeten.
Im Bereich der ehemaligen Engländersiedlung (heute Golfclub
Residenz
Rothenbach) und östlich davon, sind die
Feldstellungen heute leider größtenteils beseitigt.
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Karte 4a:
Schematische Anordnung der Laufgraben-Systeme (orange) der Maas-Rur-Stellung in
den Feldern
östlich Herkenbosch und der Artillerie-Schutzstellung im
Meinweg und Effelder Wald im Bezug zum
durchlaufenden Panzerhindernis und zu den bisher bekannt gewordenen
Ringständen (blau).
Rekonstruktion nach alliierten Luftbildern, Stellungskarten und Begehungen. Die Gräben
zwischen Elfenmeer und der Rur (links) sind heute nahezu
vollständig verschwunden. Im Naturpark des Meinweg-Waldes
und des Effelder Waldes (rechts)
sind die Schützengräben zu etwa 80% erhalten. |
Westwall-Stellung -
Verlängerung bis
Effeld (D)
Zeitgleich
mit dem Ausbau an der Rur wurde mit dem feldmäßigen
Ausbau der vorhandenen
Westwall-Bunker-Stellung (erbaut 1938) begonnen.8 So wurde
auch im Bereich zwischen Niederkrüchten und Birgelen eine
feldmäßige Stellung
westlich der Bunkerlinie eingerichtet. Diese verlief vom Varbrooker
Busch
kommend westlich der Ortschaften Arsbeck und Dalheim und schloss auch
die
Bunker im Birgelner Wald mit ein. Obwohl die Bunkerkette des Westwalls
von dort
aus Richtung Wassenberg verlief, wurde davon abweichend der Ausbau
einer fortgesetzten feldmäßigen Stellung vom Bahnhof Rosenthal in
südwestlicher Richtung über
Rosenthal, Effeld bis hin zur Rur-Stellung durchgeführt.9
Diese Stellung bestand vorwiegend aus einem durchlaufenden
Panzergraben, sowie
jeweils einem beiderseits dazu parallel verlaufender
Schützengraben. Lediglich
auf den Höhen des Birgelner Waldes, östlich des
Gleiseinschnittes der
Rosenthaler Bahn wurde ein verzweigtes Laufgrabensystem mit MG-Nestern,
Erdbunkern usw. angelegt. Im Bereich der heutigen L117 bei Rosenthal
und beim
Schloss Elsum wurden einige MG-Ringstände in dieser Linie eingebaut. Diese
Bunker sollten wohl
das damals freie Gelände an der Strasse Wassenberg- Roermond
und das dortige
Panzerhindernis beobachten bzw. absichern.
Heutiger
Erhaltungszustand:
Von der
Stellung befinden sich noch gut erhaltene Teile im Birgelner Wald
östlich der
Rosenthaler Bahn. Das Panzerhindernis kann in seinem Verlauf dort
besonders gut
nachvollzogen werden. Das Hindernis wurde dabei zwischen den damals
bereits
vorhandenen künstlichen Geländeeinschnitten im Umfeld
des Rosethaler Bahnhofes
beiderseits der Rödger Bahn angelegt. Am ehemaligen
Personenbahnhof knickte der
Graben westwärts ab. Heute ist westlich des Weges nach
Schaufenberg noch ein etwa
200 Meter langes Teilstück erhalten.
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Panzergraben beim
ehem. Bahnhof Rosenthal |
Im
Birgelner Wald wurden vorwiegend die Hangkanten oberhalb der
Geländeeinschnitte
sowie die westlichen Höhenlagen mit Feldstellungen befestigt.
Diese bestanden
aus ein bis zwei parallelen Laufgräben,
Schützennischen, MG-Nestern und
Erbunkern. Diese Stellungen stellten somit auch die Verbindung zu den
wenigen
im Birgelner Wald vorhandenen Westwall-Bunkern her und sind heute noch
größtenteils erhalten. Die nach dem Krieg
zertrümmerten Bunker selbst, sind
heute nur noch als Hügelsignaturen im Wald erkennbar.
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Laufgrabensystem an den
Westhängen des Birgelner Waldes |
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Erhaltener Ringstand Nr. 310 auf
der Deponie bei Rosenthal |
Im
weiteren Verlauf bis Effeld können heute nur noch wenige
Stücke des ehem.
Panzergrabens, etwa bei der Deponie Rosenthal oder nordöstlich
Gut Kromland,
vorwiegend in Waldstücken nachvollzogen werden. Weite Teile
besonders in den
offenen Feldern wurden direkt nach dem Krieg beseitigt. Dies gilt
ebenso für
die damals vorhandenen Laufgräben. Hier finden sich vor allem
Reste eines
Laufgrabens seitlich der Deponie Rosenthal, der wohl einst die
Ringstände Nr. 310, 315 und 330 miteinander verband.
Deweiteren kann heute
noch im südlichen Ophofener
Wald nord-östlich des Gutes Kromland der
durchlaufende Schützengraben zwischen Ringstand Nr. 320 und
der L117
aufgefunden werden, der nördlich des Panzergrabens verlief;
ebenso südwestlich
Gut Kromland Fragmente des Schützengrabens, der sich einst
südlich des
Panzergrabens erstreckte. Die Reste dieses Laufgrabens lassen sich
heute noch
durch die Niederung des Schaagbaches10 in Richtung
des Ringstandes Nr. 340 (heute beseitigt) verfolgen.
In
dem weiter westlich gelegenen Abschnitt rund um Effeld sind
heute die
meisten Feldstellungen beseitigt. So wurden dort in
den Feldern die
letzten Panzergräben bereits im Jahr 1947 eingeebnet.11