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stellungsbauten
organisation des stellungsbaus
besetzung
quellen




Ringstand 215
Ringstand 217






Ringstand 305






      
Strukturen der Stellung

In der Maas-Rur-Stellung sind heute noch größere Teile der Feldbefestigungen erhalten, was wohl der Tatsache zu verdanken ist, dass die Stellung parallel der heutigen Grenze durch den weitestgehend geschützten Naturraum des Naturparks Maas-Schwalm-Nette verläuft und somit die infrastrukturelle Erschließung und Bebauung, sowie die landwirtschaftliche Nutzung nach Kriegsende gering blieb. 
Im Folgenden werden die verschiedenen Abschnitte und deren ursprünglicher Ausbau sowie deren heutiger Erhaltungszustand skizziert, wobei die Abschnittseinteilung für die hier vorgenommene Dokumentation willkürlich bzw. aus Gründen der Übersichtlichkeit gewählt wurde. 
Sicherlich wurden durch die damaligen Planer der Stellung, die Festungspioniere (Fest. Pi.), Unterlagen, Karten und Fortschrittsberichte verfasst, die uns heute genauen Aufschluss über die Ausführungen beim Bau geben könnten. Leider sind die meisten dieser Unterlagen der entsprechenden Fest. Pi. Dienststellen nicht bis heute überliefert worden, sprich: verschollen. Daher konnte die Rekonstruktion der einstigen Befestigungen nur anhand von alliierten Stellungskarten, Luftbildern sowie vielen Erkundungen und Begehungen erfolgen.


Strukturen Nord: Brüxken - Venlo 

Aus erhaltenen Archivunterlagen, Stellungskarten und alliierten Luftbildern konnte ermittelt werden, dass die Maas-Rur-Stellung als separate Verteidigungslinie westlich des Dorfes Brüxken (bei Herongen), etwa beim ehem. Nordkanal ihren Ursprung nahm und dort von der eigentlichen Westwall-Stellung abzweigte. 1
Die Bunkerlinie des in diesem Abschnitt 1939 erbauten Westwalls, oft als sogenannte Geldern-Stellung bezeichnet, verlief dabei von Kleve kommend über Westerbroek, Herongen, an den Nette-Seen vorbei über Hinsbeck, Lobberich bis nach Born bei Brüggen. Zwar wurde 1944 auch diese Bunkerstellung, die vorwiegend aus Mannschafts-Unterständen bestand, im Zuge des feldmäßigen Ausbaues mit Erdstellungen und Ringständen verstärkt (ab Jan. 1945 auch als als "Scharnhorst-Stellung" bezeichnet). 2 Wie bereits beschrieben, verlief diese Stellung aber dann von Brüxken aus in süd-östlicher Richtung über Rieth, Niederdorf und die Buschberge bei Louisenburg in Richtung Hinsbeck bis Brüggen.
Bei Rieth bzw. Brüxken zweigte also die Maas-Rur-Stellung in süd-westlicher Richtung, dem Maas-Hang folgend in Richtung Venlo von der eigentlichen Westwall-Stellung ab (vgl. Übersichtskarte Einleitung bzw. Karte 1a).


Herongen_Detail
Karte 1a: Detailkarte des Abzweiges der Maas-Rur-Stellung von der Westwall (Geldern-) Stellung bei Herongen

Luftbildauswertungen 3 und Erkundungen in diesem Bereich haben ergeben, dass der Abhang zur Maas fast auf der gesamten Länge zwischen dem alten Nordkanal und Venlo als Panzerhindernis mit einem Panzergraben oder Steilhang ausgebaut wurde (Karte 1). Nördlichen davon, im Bereich zwischen Rieth und der Bundesstraße 58, diente wohl der damals schon vorhandene "Leitgraben", ein breiter Entwässerungsgraben, als Panzerhindernis.
In den Feldern oberhalb des Hanges bzw. im Hang, also östlich des Panzerhindernisses, wurde ein 200-300m tiefes, durchlaufendes Stellungsystem angelegt. Im Westwallabschnitt bei Dam wurden dazu auch die vorhandenen Westwall-Bunker der Geldern-Stellung in diese Feldstellungen mit einbezogen (siehe auch Karte 1a).

Dieses Stellungssystem bestand neben dem Panzerhindernis aus zwei parallel dazu verlaufenden Schützengräben. Ein erster Graben wurde direkt an der Hangkante, ein weiterer in 50-200 Metern Abstand dahinter angelegt. Diese waren immer wieder durch Annäherungsgräben miteinander verbunden. Am hinteren Graben zweigten immer wieder Schützen-Stellungen für MG ab. Weniger oft wurden in diesem Abschnitt Erdbunker und betonierte MG-Ringstände eingebaut. Letztere konnten bisher nur bei Herongen (siehe Karte 1a) und südlich Venlo nachgewiesen werden (Karte 1).


Luftb22Nov1944

Luftbild vom 19. November 1944: Venlo-Herungerberg mit Klagenfurtlaan (von links) und Louisenburger Weg (nach rechts unten).
Unten rechts: Teil des Flugfeldes des Fliegerhorstes Venlo mit Bombenkrater; direkt darüber eine Flakstellung. Mitte und Oben rechts: Einrichtungen und Gebäude (teilweise gesprengt) des ehem. Nordlagers des Fliegerhorstes. Deutlich lässt sich der feldmäßige Ausbau entlang der Hangkante erkennen. Unterhalb des Abhanges befindet sich das Panzerhindernis (schwarze Pfeile), oberhalb der vordere Laufgraben (orange Pfeile) und der hintere Laufgraben (gelbe Pfeile) mit Verbindungsgräben.

Auch im südosten Venlos kann der Verlauf des Panzergrabens und der Stellungen rekonstruiert werden. Im Bereich des Kaldenkerkerweges und des Leutherweges fand ein besonders deutlicher Ausbau statt. Ein Panzergraben verlief halbkreisförmig um die Vorstadt, etwa vom heutigen Fußballstadion bis zur Loyolastraat. Ein kleineres Stück querte den Kaldenkerkerweg bereits weiter stadteinwärts. Hinter diesem Panzerhindernis wurden zwei bis drei parallele Laufgräben angelegt. Zwischen diesen wurden viele MG-Stellungen angelegt, sowie Stellungen und Unterstände für Mörser, Panzerabwehrkanonen oder Soldaten. Der Ausbau von betonierten Ringstände konnte in diesem Bereich bisher nicht nachgewiesen werden.

Luftbild Venlo Süd

Luftbild vom 18. November 1944: Der Südosten Venlos mit dem Kaldenkerkerweg (von links) und dem Leutherweg  (Bildmitte).
Deutlich lässt sich der feldmäßige Ausbau außerhalb der Stadt erkennen. Das Panzerhindernis (schwarze Pfeile), südlich/östlich davon der vordere Laufgraben (orange Pfeile) und der hintere Laufgraben (gelbe Pfeile) mit Verbindungsgräben. Deutlich lassen sich viele Erdstellungen und Unterstände erkennen.

Der Panzergraben endete damit zunächst an einem Abhang (heute hinter dem Fußballstadion). Anschliessend begann der Graben erneut westlich des Gleiseinschnittes der Bahnlinie Venlo-Kaldenkirchen an der Bovenste Molen, verlief in westlicher Richtung, wurde durch den Steilhang unterbrochen und mündete schließlich am Maasufer in die Maas-Stellung. Gleichzeitig wurden auch in diesen Bereichen Laufgräben, Stellungen und MG-Ringstände gebaut.
Durch die Maas-Stellung, die als Brückenkopf auch auf dem westlichen Ufer die Stadt umschloss und Teile der Maas-Rur-Stellung, die wie hier dargestellt östlich der Stadt verlief, waren die Stadt Venlo und Blerick damals von feldmäßigen Stellungen zur Rundumverteidigung  vollständig umschlossen.


Heutiger Erhaltungszustand:

Im Gegensatz zu den südlichen Abschnitten der Maas-Rur-Stellung sind die Bunker und Feldstellungen im Abschnitt Straelen-Venlo durch die starke Erschließung von Siedlungsflächen und Verkehrswegen bei Venlo sowie durch Flurbereinigungen fast vollständig verschwunden.
So sind die großen Westwallbunker der 1939 erbauten Geldernstellung bei Herongen heute fast spurlos beseitigt. Auch die meisten 1944 angelegten Feldstellungen sind in diesem Bereich heute nicht mehr erhalten. Die Panzerhindernisse lassen sich bis auf einen größeren Abschnitt bei Herungerberg und kleine Stücke im Bereich der Bovenste Molen im Gelände kaum mehr nachvollziehen.
In einigen wenigen Waldstücken, etwa westlich Dam, bei Brüxken, bei Rieth, bei Herungerberg oder zwischen den Wohngebieten im Osten Venlos lassen sich entlang der Hangkante noch wenige Reste der ehem. Laufgräben erkennen. Insgesamt kann der feldmäßige Ausbau mit Laufgräben und MG-Nestern heute noch bis an die Bundesstraße 58 bei Straelen nachgewiesen werden.

005neu1
Reste von Ringstand Nr. 5 am Heronger Schullandheim

In diesem Zusammenhang wurden bisher eine gesprengte Ringstandruine am Hang westlich Dam (Ringstand Nr. 3) sowie am Schullandheim bei Herongen-Brüxken (Ringstand Nr. 5) identifiziert, die diesem Ausbau zuzuordnen sind. Daneben lassen sich im näheren Umfeld weitere Trümmerstellen auffinden. Aufgrund der Zusammensetzung scheint es sich dabei um die Reste weiterer Ringstände zu handeln, deren ursprüngliche Standorte bisher nicht rekonstruiert werden konnten.  Ob und Wieviele weitere Ringstände in diesem Abschnitt bis südlich Venlo gebaut wurden ist bisher unklar.

Wie bereits erwähnt sind heute im weiteren Verlauf der Stellung, also bei Herungerberg, bei Venlo bis zur Bahnlinie Venlo-Kaldenkirchen fast alle  Feldstellungen beseitigt.

Nord-Venlo
Karte 1:Detailkarte Abschnitt Brüxken- Venlo (Geobasisdaten © Land NRW, Bonn www.geobasis.nrw.de)

Im Süden Venlos, im Bereich der Bovenste Molen und der Jammerdaalschen Heide, wurden bis heute vier Ringstände in der Stellung (Nr. 10, 20 und 30) und Bahnübergang Egypte (Nr. 40) festgestellt. In einigen unzugänglichen Waldstücken der Jammerdaalschen Heide sind heute noch Reste der ehem. Laufgräben und Erdbunker erkennbar. Direkt nördlich des gesprengten Ringstandes Nr. 20 finden sich heute noch letzte Reste des ehem. Panzergrabens im Wald.


Nr.40neu1
Ehem. Ringstand am Bahnübergang Egypte (mittlerweile beseitigt)                

Der Ringstand am Bahnübergang Egypte wies die interessante Besonderheit auf, dass hier nur die Oberseite eines Ringstandes auf dem vorhandenen Tunnel für Feldbahnen aufbetoniert wurde. Es handelte sich also nicht direkt um einen Regelbau. Der Zugang erfolgte dabei offenbar durch den Tunnel. Diese Konstruktion wurde im Jahre 1995 im Zuge von Gleisbauarbeiten abgerissen und der Feldbahntunnel, der einst dem Tontransport zur Maas diente, im Gleisbereich verfüllt. 4   Durch den Ton- bzw. Kiesabbau in der Jammerdaalschen Heide sowie die Bebauung im Stadtteil Tegelen-Heide gingen wohl die allermeisten Feldstellungen im weiteren Verlauf verloren, sodass der genaue Verlauf der Stellung in diesem Bereich nur schwer zu rekonstruieren ist. Vermutlich wurden so auch weitere Ringstände zerstört bzw. verschüttet. Im Bereich einer ehem. Mülldeponie südlich Jammerdaal soll beispielsweise ein Ringstand verschüttet worden sein. Ebenfalls soll sich ein Bunker direkt an der Strasse zwischen Tegelen und Kaldenkirchen befunden haben.



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Fußnoten-  Klicken Sie auf die jeweilige Ziffer, um wieder in den Text zu gelangen!

1. nach Baustandskarte Niederrhein in BAM RH 11-III, sowie US-Defense Overprints

2. Kurzberichte über den Ausbau der dt. Weststellung des Fest.Pi.Kdr. XXI in BAM RH 11-III

3. Luftbilder RAF 22. November 1944

4. Dagblad voor Noord-Limburg (NL), 11. November 1995