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Ringstand 217






Ringstand 305






  
Die Organisation des Stellungsbaus am Niederrhein
(September- Dezember 1944)

Am 03. September 1944 erfolgte im Gau Düsseldorf und in den verwaltungsmäßig angeschlossenen Gebieten der Niederlande der Aufruf des Volksaufgebotes zum Schanzen am Westwall.
Der Ausbau der Stellungen am Niederrhein erfolgte zunächst nach Weisungen der Reichsverteidigungskommissare (Gauleiter) der Gaue Essen, Düsseldorf und Köln-Aachen. Die Beschaffung der benötigten Arbeitskräfte, das sogenannte Volksaufgebot, war im heutigen Grenzgebiet ebenfalls Sache der Partei bzw. des Gaus Düsseldorf, der in Viersen eine  Befehls- oder Leitstelle hatte 38
Neben den noch nicht evakuierten Einwohnern der grenznahen Gemeinden, wurden notdienstverpflichtete ZwangsarbeiterInnen aus Ost- und Südeuropa zum Schanzen eingesetzt. Ebenso wurden zeitweilig HJ-Angehörige, Reichsarbeitsdienst, Organisation Todt sowie am Westwall eintreffende Soldaten zu den Arbeiten herangezogen. 
Gleichzeitig mit dem Anlaufen der Schanzarbeiten, liefen auch Maßnahmen des stellvertretenden Generalkommandos VI an, eine durchlaufende militärische Besetzung der Weststellungen sicherzustellen. Da für die Besetzung dieser Stellungen im September 1944 keine aktiven Kampfverbände des Feldheeres zur Verfügung standen, musste bis auf weiteres auf Ausbildungs-, Ersatz-, und Genesenden-Einheiten zurückgegriffen werden. Zur Führung dieser Verbände und zur Betreuung des weiteren Stellungsbaues am Niederrhein, wurde am 12.09.1944 das Korps Feldt (Krefeld-Hüls) unter dem General der Kavallerie Feldt eingesetzt. Zur Besetzung der Stellungen waren dem Korps zunächst 2 Divisionen unterstellt. Im nördlichen Abschnitt Div. Schmidt (Geldern), im südlichen Abschnitt Div. Räßler (Waldniel). Diesen beiden Divisionen waren jeweils einige (Ersatz-) Batallione sowie Luftwaffen-Festungs-Batallione und Bau-Pionier-Batallione usw. unterstellt, die entlang der Grenze eingesetzt wurden. 16
Diesen in den Stellungen eingesetzten Verbänden wurde u.a. die Ausbildung der Soldaten an Waffen, die Sicherung der Stellungen bei Feindangriff mit allen Mitteln sowie den Ausbau der Stellungen nach Anleitung der zuständigen Festungspionier- Dienststellen übertragen. 17
Bedingt durch das schnelle Zurückweichen der Front auf den Westwall, übernahm bald die Heeresgruppe B den Befehl über den Niederrhein. Ab dem 23. 09. unterlag der nördliche Bereich der Heeresgruppe der 1. Fallschirm-Armee, in dessen Bereich das Korps Feldt für die Fragen des Stellungsbaues und der Besetzung des Westwalles weiterhin zuständig blieb. 18
Außer den Diensstellen in Düren und Xanten, gab es zunächst keine nennenswerten Festungspionier-Dienststellen, die Einfluss auf die Linienführung im Einzelnen nehmen konnten oder die fachliche, sachgemäße Ausführung der Gräben und Unterstände überwachen konnten. Erst im Laufe des Septembers trafen wohl die ersten Fest. Pi. Kommandeure und Stäbe vom Atlantikwall ein. 19
Der am 15. September zum Korps Feldt versetzte General Jordan (Höherer Festungs Pionier Kommandeur zur besonderen Verwendung 4, Höh. Fest. Pi. Kdr. z. b. V. 4) vergab dabei die Richtlinien für den Ausbau und die weitere Linienführung am Niederrhein, wobei die Entscheidungsgewalt über tatsächliche Zuführungen von Einheiten bzw. Arbeitskräften bei General Feldt selbst blieb. 
Am 27.Oktober 1944 wurde der bisherige Höhere Fest. Pi. Kdr. z. b. V. 4  in Fest. Pi. Kdr. XXI (dann Gen. Maj. Eimler) umbenannt. Der Ausbaubereich reichte vom Rhein im Norden bis zur Linie Hückelhoven- Erkelenz- Wanlo- Düsseldorf. In diesem Bereich oblagen ihm folgende Stellungen: Maas-Stellung, Westwall-Stellung, Niers-Roer-Stellung, Roer-Stellung, alle weiteren geplanten Stellungen und rückwärtigen Riegel. 20
 Ihm unterstanden die beiden Fest. Pi. Stäbe 12 und 27, wobei der Fest. Pi. Stab 12 im Abschnitt Rhein bis nördlich Venlo und der Fest. Pi. Stab 27 zwischen Venlo und Hückelhoven eingesetzt war.
Der Fest. Pi. Stab 27 (Oberst Michelmann, Süchteln) gliederte sich in die Abschnittsgruppen I-III. Für die Arbeiten in der Maas-Rur-Stellung waren wohl die Abschnittsgruppe I/27 unter Hptm. Michels zuständig, die bis Ende November in Venlo lag, sowie die Abschnittsgruppe II/27 unter Hptm. Alexander (7.10. in Altmyhl, später in Dalheim und Rickelrath). 21
 

Am 12. November wurden das Korps Feldt sowie die ihm untergliederten Kampf- und Fest. Pi. Einheiten der neu gebildeten Heeresgruppe H unterstellt. Im Laufe des Novembers 1944 wurde das Korps Feldt schließlich versetzt und im Dezember aufgelöst. Der Fest. Pi. Kdr. XXI (Gen. Maj. Eimler) mit seinen beiden Fest. Pi. Stäben wurde dem Höheren Kommando Niederrhein unterstellt. 22
Die militärischen Sicherungsaufgaben wurden im weiteren Verlauf immer mehr von regulären Heereseinheiten übernommen, die von den Heeresgruppen bzw. Armeen bereitgestellt wurden. 


Kriegsgliederung
Schematische Darstellung der Befehls- bzw. Zuständigkeitstruktur für die militärische Sicherung und den Stellungsbau in der Weststellung im Abschnitt Venlo- Roermond-Wassenberg im September/Oktober 1944 . Rot- Feldtruppen (Wehrmacht), Gelb- Festungspioniere (Wehrmacht), Grün- Zivile bzw. NSDAP-Organisationen


Der Ausbau im Bereich der Maas-Rur-Stellung

In den wenigen überlieferten Unterlagen zu den Tätigkeiten der beteiligten Stäbe lassen sich nur wenige konkrete Hinweise zum Bau der Maas-Rur-Stellung finden. In den Monaten September- Oktober 1944 hatten offenbar beim durch den Fest. Pi. Stab 27 geleitete Ausbau die Sicherung des Maas- und des Rur-Ufers, die Niers-Rur-Stellung, sowie die feldmäßige Rearmierung des Westwalls oberste Priorität. 23
Erst in einer Anweisung von General Feldt an den Höheren Fest. Pi. Kdr. z. b. V. 4 vom 04.10.1944 wird der Bau einer Sehnenstellung bei Roermond- Wassenberg erwähnt. 24
In einer weiteren Anweisung an den Festungspionierkommandeur vom 14.10.1944 wird nach Fertigstellung der Rur-, Niers-Rur- und Westwallstellung, der Ausbau der Artillerie-Schutzstellung von Rosenthal über Gerderath, Doveren nach Baal, sowie der Panzerriegel nordostwärts Rosenthal zur Rur und die Verbindung zum Riegel bei Herkenbosch befohlen. 25   Es handelt sich offenbar um die in zweiter Reihe geschaffenen Riegel, die die Verbindung zur Maas-Rur-Stellung herstellen sollten.  

In den etwa 14täglich vom Höh. Fest. Pi. Kdr. z. b. V. 4 abgefassten Kurzberichten über den Ausbau der deutschen Weststellung im Bereich des Fest. Pi. Stabes 27, erscheint die Maas-Rur-Stellung erst Ende Oktober 1944. Am 06. Oktober wird die 1. Stellung an der Maas als verteidigungsbereit gemeldet. Gleichzeitig wird berichtet, dass die Stellungen im südlichen Teil bereits unter Artilleriebeschuss liegen. Anscheinend wurden daraufhin die Arbeitskräfte aus der Maas-Stellung herausgezogen und in der rückwärtigen Maas-Rur-Stellung eingesetzt. Ebenso wurden Fest. Pi. Kompanien und andere Baupionierbatallione in weiter ostwärts liegende Gebiete herausgezogen.
In der Maas-Rur-Stellung sollen dann am 25.10.1944 etwa 8866 Arbeitskräfte eingesetzt worden sein. Am 10.11. waren dann 6668 Kräfte eingesetzt. Das vom Westufer der Maas seit Mitte Oktober 1944 stärker werdende gegnerische Artilleriefeuer machte es Ende November wohl fast unmöglich, hier zu Arbeiten. So wurden die Arbeitskräfte gänzlich aus der Stellung herausgezogen und anderswo eingesetzt. Am 25.11.1944 waren nur noch 411 Mann eingesetzt, am 10.12. wieder 918 Mann, am 25.12. erneut lediglich 479 Mann, am 10.01.1945 schließlich nur noch 250 Mann. 26
Neben den Beeinträchtigungen durch gegnerisches Feuer, litt der weitere Stellungsbau wohl zunehmend an Mangel an Hindernismaterial und Material zum Bau von Unterständen durch Transportschwierigkeiten. So wurde am 28. Dezember die Stellung als bedingt verteidigungsfähig u. a. wegen fehlender Unterstände eingestuft. Weiter machten im Dezember/ Januar die schlechten Witterungsbedingungen sowie der ständige Abzug des Volksaufgebotes und OT-Firmen zum Katastropheneinsatz die Arbeiten immer schwieriger. 27 Die Bereitstellung des Volksaufgebotes erfolgte durch den Gauleiter in seiner Funktion als Reichsverteidigungskommissar. Durch immer stärkere werdende Luftangriffe auf das Rheinland, mussten darum ab Anfang 1945 immer mehr Arbeitskräfte zu Reparaturmaßnahmen an  Infrastruktur und in Betrieben abgezogen werden.
Das Volksaufgebot bestand hauptsächlich aus ost- und südeuropäischen ZwangsarbeiterInnen, die zunächst vorwiegend zur Arbeit in kriegswichtigen Betrieben eingesetzt wurden. Diese für die harte Schanzarbeit im Winter nur völlig unzureichend mit Verpflegung und Bekleidung versorgten Arbeitskräft wurden per Zug an die Baustellen gebracht. Die Unterbringung erfolgte dabei meist in notdürftig hergerichteten öffentlichen Gebäuden, Betrieben oder gar Kuhställen unter widrigsten sanitären Bedingungen.


Schanzer



















Zivilarbeiter beim Ausheben eines Panzergrabens


Neben den sog. Fremdarbeitern wurden die verbliebenen Einwohner der umliegenden Gemeinden beiderseits der Grenze (das niederländische Gebiet zwischen Venlo- Roermond und Vlodrop wurde ab 09. September an den Gau Düsseldorf „politisch und verwaltungsmäßig“ angeschlossenen) zu den Arbeiten herangezogen. Die meisten Berichte über diese Zeit liegen uns heute in Form ihrer Zeitzeugenberichte aus der Heimatliteratur vor:
„Durch Zivilarbeiter aus den Rückwärtigen Gebieten wurden Panzergräben, Panzersperren und Laufgräben gebaut. Flak- und MG-Stellungen verstärkten die Verteidigungsstellungen, die sich westlich Kaldenkirchen und Bracht entlang der limburgischen Grenze hinzogen. 28
„ Eine weitere Beeinträchtigung des Elmpter Gemeindewaldes trat ein, als 1944 für den Bunker- und Stellungsbau von den deutschen Truppen über 2000 Festmeter Kiefernstammholz ohne jede Kontrolle geschlagen wurden. Durch den Ausbau von Panzergräben und Stellungen, die zum Teil noch heute im Grenzwald zu sehen sind, wurden insgesamt 45 Hektar Waldbestände vernichtet. [...] Zum Ende des Krieges hin wurden darüber hinaus ca. 1000 Festmeter Kiefernstammholz durch Artilleriebeschuss zersplittert und auch nach dem Zusammenbruch entstanden größere Schäden durch die Sprengung von Munition und Blindgängern. Die nicht wehrfähigen Männer wurden zum Volkssturm aufgerufen und hatten Bäume im Elmpter Wald zu fällen. Sie mauerten diese an einigen Stellen der Strassen in Beton ein, damit sie als Panzersperren dienten. [...] 30
Die Chronik der Schule An der Wae (Elmpt) berichtet in diesem Zusammenhang:
„Als der Geschützdonner immer näher kam, musste am 6.September 1944 auf polizeilichen Befehl die Schule geschlossen werden. Dann wurde Stroh in den Schulsaal gefahren und schon ein paar Tage darauf die schule mit 35 Flak-Soldaten belegt. In der ganzen Gegend mussten Panzergräben und Schützengräben ausgeworfen werden.[...] 31
„Die ganze Gegend (Anm.:um Wassenberg) wurde mit Panzergräben, Schützengräben, MG- Nestern, Batteriestellungen ausgebaut. 29
Im Bereich um Effeld begannen die Erdarbeiten wohl um den 20. September 1944 mit der Einquartierung der Pionier-Einheit Pfeffer (?) und Schanzarbeitern, die auf über 50 Hektar Panzergräben und Feldstellungen rund um Effeld ausgruben. Später legten sog. "Tataren", Russen in deutschen Uniformen, die Drahtverhaue an. 32
Dass dieser Arbeitsdienst keineswegs freiwillig war und wie menschenverachtend unter diesem Regime gehandelt wurde, daran erinnert heute ein Mahnmal an der deutsch-niederländischen Grenze nahe der A52 am Lüsekamp. 
Unweit dieser Stelle wurden am 26. und 27. Dezember 1944 dreizehn Personen aus Roermond und ein polnischer Staatsbürger von einem Exekutionskommando der 606. ID z. B. V. (später 8. Fallschirmjägerdivision) erschossen, die der Weigerung zum Arbeitsdienst sowie des Zusammenschlusses in einer deutschfeindlichen Organisation beschuldigt wurden.33  

Mahnmal_Luesenkamp
Mahnmal für die ermordeten Roermonder am Lüsekamp unweit des Grenzüberganges.


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Fußnoten-  Klicken Sie auf die jeweilige Ziffer, um wieder in den Text zu gelangen!

16. Kriegsgliederung/Einsatzkarten Korps Feldt am 22.09.1944 in BAM RH 24

17. Korps Feldt 76/44

18. dito

19. siehe M. Groß: Der Westwall zwischen Niederrhein und Schneeifel, S. 32

20. Korps Feldt 348/44                 

21. Kriegsgliederung Korps Feldt 

22. siehe M. Groß: Der Westwall zwischen Niederrhein und Schneeifel,  S. 338

23. Kurzbericht über den Ausbau der Weststellung bis 30.10.1944, Fest. Pi. Kdr. z.b.V. 4 in BAM RH 11-III

24. Korps Feldt 148/44

25. Korps Feldt 245/44

26. Kurzbericht über den Ausbau der Weststellung bis 28.01.1945, Fest. Pi. Kdr. z.b.V 4 in BAM RH 11-III

27. dito

28. siehe L. Hügen: Der Krieg geht zu Ende

29. siehe H. Heinrichs: Wassenberg, S. 442

30. siehe L. Hügen: Zwischen Schwalm und Grenzwald: Die Geschichte der Altgemeinden Elmpt und Niederkrüchten, S.247-250

31. dito

38. siehe H. Koschick: Der Westwall vom Denkmalwert des Unerfreulichen, S. 102-103

32. siehe J. Kever in: Heimatkalender des Selfkantkreises 1955

33. siehe für detaillierte Informationen: K. Marcus in: Heimatbuch des Kreises Viersen 2007, S.202ff